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"Pakt für die Alpen" (Süddeutsche Zeitung)

Mehrere Naturschutzverbände schließen sich zusammen, um dem Klimawandel in den Bergen entgegenzusteuern

Von Christian Sebald

Der Gletscher-Hahnenfuß zum Beispiel. Noch findet man das krautige Gewächs, dessen Blüten von Weiß über Rosa ins Dunkelrote wechseln in den Hochlagen der Allgäuer Alpen. Doch mit dem Klimawandel wird es in den bayerischen Alpen aussterben. Es wird schlicht zu warm werden für dem Gletscher-Hahnenfuß. So wie für das Alpenschneehuhn und den Hochalpen-Apollofalter, deren Lebensräume ebenfalls bedroht sind. „Wenn die Klimaerwärmung so fortschreitet wie bisher, sind ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten in den Alpen gefährdet", sagt Helmut Röscheisen, Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings (DNR). „Deshalb müssen wir sofort handeln." Die Alpenschutzkommission Cipra und der DNR haben dazu jetzt den „Klimapakt Alpen" geschlossen. Gemeinsam mit dem Alpenverein fordern die Dachverbände der weit mehr als 100 Umweltorganisationen in den Alpenstaaten den Aufbau einer „Klimaschutz-Modellregion Alpen".
Die Alpen sind - einmal abgesehen vom Wattenmeer - das einzige halbwegs intakte Großökosystem in Mitteleuropa. Und sie sind das gefährdetste. 1,6 Grad betrug hier die durchschnittliche Erwärmung in den vergangenen 60 bis 80 Jahren, in den flacheren Regionen war es gerade einmal halb so viel. Sinnbild des Klimawandels in den Bergen ist das Abschmelzen der Gletscher. Noch vor 150 Jahren bedeckte der Zugspitz-Gletscher gut drei Quadratkilometer Fläche. Inzwischen ist er auf kümmerliche 0,3 Quadratkilometer zusammengeschmolzen. Und es wird keine 20 Jahre dauern, dann wird auch der verschwunden sein. So wie viele andere Gletscher. Allein die Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung werden dramatisch sein. Der Bodensee etwa, der Trinkwasser für fünf Millionen Menschen in einem Einzugsbereich bis nach Würzburg liefert, speist sich zu 80 Prozent aus Zuflüssen aus den Alpen und damit auch aus Gletscherwasser.

In ihrem Klimapaket fordern die Umweltverbände die Alpen-Anrainerstaaten auf, die Alpenregion bis 2050 CO2-neutral zu machen, Dazu soll der Ausstoß des Klimakillers CO2 möglichst weit reduziert werden. Außerdem sollen Wälder aufgeforstet, Moore renaturiert und andere CO2-Speicher so weit wiederhergestellt werden, dass der verbleibende Ausstoß kompensiert werden kann. Möglich werden soll dies durch die Änderung der Bauvorschriften zugunsten strikter energetischer Vorgaben sowie eines Passivhausstandards bei Neubauten. Der Lkw-Verkehr müsse auf die Schiene verlagert und auf Autobahnen Tempo 100 eingeführt werden. Auf Subventionen für Schneekanonen und die Erschließung weiterer Gletscher müsse verzichtet werden. „Wir können dem Klimawandel nur etwas entgegensetzen, wenn wir unseren Konsum und unseren Lebensstil hinterfragen", sagt Heinz Röhle, der Präsident des Alpenvereins.

Dass dies möglich ist, zeigen für Stefan Köhler, den Präsidenten von Cipra Deutschland, zahlreiche Projekte vor allem auf kommunaler Ebene. Im schwäbischen Wildpoldsried etwa wird so viel Energie aus Wind, Sonne, Wasser und Biogas erzeugt, dass sie für doppelt so viele Haushalte ausreicht, wie die Gemeinde hat. Vorbild sind auch die Alpenvereine in Bayern, Österreich und Südtirol. Im Rahmen der Aktion „So schmecken die Berge" bieten 71 Berghütten regionale Kost an. Davon profitieren nicht nur Bauern und andere Anbieter am Ort. Es werden Transportwege vermieden, der CO2-Ausstoß wird verringert. Dem Gletscher-Hahnenfuß und anderen Arten, die durch den Klimawandel akut bedroht sind, dürften all diese Anstrengungen freilich kaum mehr helfen.

 

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