Menü

"Bürger kämpfen gegen Autobahnausbau - Gespräch und Diskussion mit Partei-Kandidaten"

Viele Anwohner der Autobahn A8 in Bernau und anderswo wissen gar nicht, was auf sie zukommt, wenn der von Bundesverkehrsminister Ramsauer geplante Ausbau der A8 tatsächlich realisiert werden würde: Eine mit 36 Metern doppelt so breite Fahrbahn wie bisher – hinzu kommen noch Auf- und Ausfahrten. Der Bernauer Berg würde um 32 Meter abgetragen, anschließend verliefe die Autobahn erhöht auf einem Damm, all das flankiert von neun Meter hohen Lärmschutzwänden. Mit solchen Plänen wird versucht, das hügelige Alpenvorland an den Bau anzupassen statt umgekehrt, sagen die Kritiker und warnen vor einer unwiederbringlichen Landschaftszerstörung.

Den Menschen würde die Sicht auf den Chiemsee genommen werden, ein Bauwerk von solchen Dimensionen würde auch den Tourismus gefährden. Die „Bernauer Bürgerinitiative für intelligenten Ausbau der A8“ und die landkreisübergreifende „Bürgerinitiative A8 – Bürger setzen Grenzen“ haben deshalb gemeinsam eine Podiumsdiskussion veranstaltet, um der Öffentlichkeit die gravierenden Folgen dieser Planung vor Augen zu führen und kritisch nach ihrem Sinn und Nutzen zu fragen. Eingeladen waren alle örtlichen Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien.

Dabei sprachen sich nur die Bundestagskandidaten der Grünen und der Linken eindeutig für den landschafts- und flächenschonenden Vorschlag der beiden Bügerinitiativen zum 4+2-Ausbau aus. Während die Kandidaten von CSU und FDP die Diskussion mit den Bürgern gänzlich scheuten, drückte sich der SPD-Kandidat um eine klare Stellungnahme.

In ihrem Eingangs-Statement kritisierte Marlies Neuhierl-Huber die CSU-Kandidatin Daniela Raab und den FDP-Kandidaten Thomas Rauscher scharf für ihre Absage: „Sie kneifen vor der Diskussion mit den Bürgern, die ihre Heimat vor Zerstörung bewahren wollen. Offenbar trauen sie sich ihre Entscheidung für eine künftig doppelt so breite Autobahn nicht vor den Bürgern zu vertreten. Was ist das für ein Demokratie-Verständnis?“

Im Planungsdialog war die von der Bürgerinitiative geforderte Variante 4+2 mit Tempolimit ignoriert worden. Wie bei anderen Veranstaltungen kam deutlich zum Ausdruck, dass sich die betroffenen Bürger von Politikern und Autobahn-Verwaltung verhöhnt fühlen, wenn diese von Dialog mit den Bürgern sprechen, aber die von den Bürgern vorgeschlagene Variante totschweigen. Von Moderator Wigbert Dehler danach gefragt, ob er im Bundestag eine Prüfung dieser Variante fordern werde, konnte SPD-Kandidat Abuzar Erdogan keine klare Aussage treffen. Er werde die Forderung „nicht ablehnen“, wenn eine Mehrheit sie wünsche.

Dem gegenüber setzte sich Linke-Kandidat Franz Lindlacher klar für die Position der Bürgerinitiative ein und prangerte vor allem die riesigen Kosten eines Vollausbaus an, die jetzt schon im Bereich Rosenheim auf 311 Millionen Euro gestiegen seien und bis zur Landesgrenze schon an die Milliarde heranreichten.

Der Sprecher des Bund Naturschutz Peter Kasperczyk verwies insbesondere auf die stagnierenden Verkehrszahlen, die einen Vollausbau und den damit verbundenen Flächenverbrauch in keiner Weise rechtfertigen würden. Neuhierl-Huber ergänzte, dass weder der Verkehrsabfluss durch den Bau der A94 (Isental-Autobahn) noch der Ausbau der Güter-Bahnstrecke Mühldorf-Freilassing noch die Auswirkungen eines Tempolimits ausreichend berücksichtigt seien.

Die Kandidatin der Grünen, Ulla Zeitmann, steht klar hinter den Zielen und Gründen der Bürgerinitiative. Sie kritisierte, dass die Anlieger mit blumigen Versprechungen zum Lärmschutz geködert würden. Ein Vollausbau mit unbegrenzter Geschwindigkeit führe zu einem viel höheren Lärmpegel als die für die Lärmschutz-Planung angesetzten 130 Stundenkilometer. Höher liegende Ortsteile seien dann trotz bis zu neun Meter hohen Lärmschutzwänden noch stärkerem Lärm ausgesetzt, was Anlieger der Neubaustrecke bei Augsburg bestätigt hätten. Was ist das für ein Fortschritt, fragte ein Bürger, wenn man in Zukunft an haushohen Lärmschutzwänden vorbeifahren muss und der plötzlich sich öffnende unvergleichliche Blick vom Bernauer Berg über den Chiemgau verbaut ist.

Der örtliche Kandidat der ÖDP Ludwig Maier saß nicht auf dem Podium, aber im Publikum und meldete sich zu Wort. Er erinnerte daran, dass Demokratie von unten anfängt und forderte, dass auch die Kommunen bei solchen Großprojekten ein Mitspracherecht haben sollten. Jeder Flächenverbrauch erfordere zugleich eine Flächenentsiegelung. Applaus vom Publikum gab es auch für die Forderung von Kasperczyk, dass die Autobahn nicht bloß nicht lauter, sondern leiser werden solle. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung wäre Bedingung für einen sozialverträglichen Ausbau. Mehrere Anwesende bestätigten die wohltuende Wirkung eines Tempolimits aus der eigenen Erfahrung. Auch wenn sich im Winter neben der Autobahn ein Schneewall bilde, wirke sich das positiv auf den Lärmpegel aus.

Insgesamt kristallisierte sich heraus, dass die Bürger statt immer noch mehr Verkehr in Zukunft eher eine Drosselung und Umstellung auf weniger, langsameren und sinnvoll gestalteten Verkehr wünschen. Auf das Vorbild Schweiz wurde wiederholt hingewiesen. „Die Vernunft soll siegen“, waren sich alle einig."

zurück

Nolympia.de

Verkehr mit Sinn

Wir sind Mitglied bei Chiemgauer e.V.

Konto-Nr. 108 208 280
VR-Bank BLZ 710 900 00

Täglich geht wertvoller Boden in Bayern verloren

Unsere Termine

Es gibt keine Veranstaltungen in der aktuellen Ansicht.

Verkehr mit Sinn

Wir sind Mitglied bei Chiemgauer e.V.

Konto-Nr. 108 208 280
VR-Bank BLZ 710 900 00