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Ausbau der A8-Ost: Unsere Zwischenbilanz zum Stand der Planung

Ausbau der A8-Ost: Zwischenbilanz zum Stand der Planung
Alternativplanung des Ausbaus in einer niedrigeren Entwurfsklasse mit 4 Fahrstreifen und 2 Standstreifen (28 m) und einem effektivem Lärmschutz gefordert.

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor einem Jahr erklärten Politik und Behörden den „Planungsdialog“ zum Ausbau der A8-Ost für beendet. Wir, die Bürgerinitiative „Ausbau A8 – Bürger setzen Grenzen“, möchten hiermit unsere Erkenntnisse zusammenfassen und die Konsequenzen erläutern, die sich daraus ergeben.

Fragwürdiger Planungsdialog
Die Vertreter von Politik und Verwaltung werten allein die Durchführung eines Planungsdialogs als Errungenschaft. Wir müssen leider feststellen, dass die Zusam-mensetzung der Gesprächsrunden nicht demokratisch legitimiert war und die Abstimmungsergebnisse weitestgehend die Vorgaben von Politik und Autobahnverwaltung reflektieren. Deshalb darf die auf diese Weise erfolgte Meinungsbildung keinen Einfluss auf anstehende Entscheidungen haben.

„Alternativlose“ Planungsvorgaben
Von Anfang an haben die Initiatoren des Planungsdialogs zentrale Themen wie Aus-baubreite, Lärmschutzmaßnahmen und Kostenrahmen als alternativlos dargestellt. Veraltete bzw. unrealistische Annahmen bezüglich Lärmbelastung sowie grundlegende Weichenstellungen wie eine teilweise oder durchgehende Tempobeschränkung wurden nicht zur Diskussion gestellt – und somit die jeweiligen Folgewirkungen und Kosten weder ernsthaft geprüft noch fundiert berechnet.

Marginale Verbesserungen beim Lärmschutz
Anders als in Aussicht gestellt, wird es keinen optimalen Lärmschutz geben, der sich an den Bedürfnissen der Anwohner orientiert, sondern lediglich minimale Maßnahmen, die den gesetzlichen Vorschriften genügen. Und es ist zu befürchten, dass durch die immensen Kosten des Maximalausbaus (6+2 Spuren mit einer Breite von 36 Metern) selbst für diese Maßnahmen kein finanzieller Spielraum verbleibt.

Unverändert hohes Unfallrisiko bis zum Baubeginn
Bis zum Baubeginn (frühestens ab 2015) will man die A8-Ost weiterhin auf etwa einem Drittel der Gesamtstrecke ohne Standstreifen und mit einer Breite von lediglich 17 Metern betreiben. Dass die Anträge mehrerer Gemeinden auf Geschwindig-keitsbegrenzungen zumindest auf diesen Streckenabschnitten abgelehnt wurden, halten wir für mehr als fahrlässig. Um Unfallrisiko sowie Lärm- und Schadstoffbelastung für die Anwohner schon jetzt zu reduzieren, fordern wir als Sofortmaßnahme die Einführung streng kontrollierter Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den besonders gefährlichen, engen und schlecht einsehbaren Streckenabschnitten. Auf allen Autobahnabschnitten ohne Standstreifen muss ein generelles Tempolimit gelten (mindestens 120 km/h für PKW und 80 km/h für LKW).

Keine Höchstgeschwindigkeitsautobahn nach EKA 1
Erfolgen soll der geplante Maximalausbau der A8 in der Entwurfsklasse 1, der höchsten Entwurfs-klasse im Straßenbau. Diese sieht außer bei Nässe keine Ge-schwindigkeitsbegrenzungen – mit der Folge, dass die zwölf Orte, die in nächster Nähe der A8 liegen, sowie die zahlreichen Wohngebiete in Hang- und Höhenlagen eine massive Zunahme der Lärmbelastung hinnehmen müssten. Das würde selbst nach Einschätzung der Autobahndirektion bedeuten, dass „insbesondere in den stark bebauten Gebieten die beschriebenen Beeinträchtigungen durch die zu erwartenden Verbesserungen hinsichtlich des Lärmschutzes nur teilweise kompensiert werden“ (siehe Bericht der ABDSB an die ÜPB=Übergreifende Planungsbegleitung).

Unrealistische Lärmbelastungs- und Geschwindigkeitswerte
Die dichte Besiedelung und besonders die Topographie entlang der A8 machen auch bei einem Maximalausbau streng kontrollierte Geschwindigkeitsbegrenzungen un-umgänglich. Laut dem Gutachten von Dr. Ditmar Hunger würden sich bei einem „sechsstreifigen Ausbauquerschnitt in der Regel noch höhere Schallimmissionsbe-lastungen ergeben als bei einem vierstreifigen Ausbauquerschnitt [Anmerkung: mit Tempolimit], was nicht zuletzt auf die Freigabe der Geschwindigkeiten zurück-zuführen ist“. Zudem beruhen die Lärmbelastungsberechnungen auf einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 130 km/h, die in Wirklichkeit auf freigegebenen Autobahnabschnitten meist deutlich überschritten wird. Die A8 entsprechend Entwurfsklasse 1 auszubauen, um danach Tempolimits einzuführen, wäre eine inakzeptable Geldverschwendung.

Zu viele Ein- und Ausfahrten für die höchste Ausbaustufe
Ein A8-Ausbau nach Entwurfsklasse 1 verlangt eine enorme Dimensionierung der Ein- und Ausfahrten und einen Mindestabstand von 8 km. Dieser Vorgabe widerspricht, dass der Maximalausbau von Rosenheim bis zur Landesgrenze auf einer Strecke von 60 km 14 Ein- und Ausfahrten vorsieht.

Verkehrsprognosen rechtfertigen keinen Maximalausbau
Ein Maximalausbau der A8 ist erst ab einem durchschnittlichen täglichen Verkehrs-aufkommen von 68.000 bis 72.000 Fahrzeugen notwendig. Laut den Prognosen von Prof. Harald Kurzak und Dr. Hunger würde die A8 ab Rohrdorf also völlig überdimensioniert ausgebaut.
Mittels Tempolimit und Verkehrsleitanlagen könnte der stärker belastete Abschnitt von Rosenheim bis Rohrdorf bei einem 4+2-Ausbau selbst Spitzenbelastungen gut bewältigen. Laut Prof. Kurzak treten solche Spitzenbelastungen nur zu Ferien- und Wochenendzeiten, laut Dr. Hunger nur an circa 30 Tagen im Jahr auf.

Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs für Pendler
Zwischen Rosenheim und Bernau geht das Verkehrsaufkommen der A8 zu circa 60% auf Pendler zurück (Dr. Hunger). Dies wiederum ist wesentlich dem unattraktiven ÖPNV-Angebot im Raum Rosenheim zuzuschreiben, weshalb es eine vordring-liche Maßnahme wäre, dieses Angebot grundlegend zu verbessern.

Erhebliche Auswirkungen auf Landschaftsbild und Erholungsqualität
Seine hohe Attraktivität als Urlaubs- und Freizeitregion verdankt der Chiemgau sei-ner einmaligen naturgebundenen Erholungsqualität (Wandern, Radfahren, Bergstei-gen usw.), die es für Touristen wie Einheimische unbedingt zu erhalten und zu stärken gilt. Doch laut Autobahndirektion sind „durch den Ausbau der A8 im Hinblick auf das Landschaftsbild und die Erholungseignung der Landschaft erhebliche Aus-wirkungen zu erwarten“ (ABDSB-Bericht an die ÜPB).

Deutlich geringere Belastungen in der Bauphase
Bereits heute verfügt die A8 auf einer Strecke von elf Kilometern über vier Fahr- und zwei Standspuren; hier bliebe Anliegerorten bei einer Entscheidung für einen 4+2-Ausbau jegliche Belastung erspart. Weitere 28 Kilometer sind bereits 24 Meter breit; es bräuchten nur vier Meter ergänzt werden, so dass der Verkehr während der Bauphase nur geringfügig behindert würde. Bei einem 4+2-Ausbau würden Verkehrsteilnehmer und Anwohner somit auf lediglich einem Drittel der Gesamtstrecke von Ausbaumaßnahmen behelligt.

Kompromisse statt alternativloser Vorgaben
Ein Maximalausbau der A8 ist nicht alternativlos. Sogar in den „Richtlinien für die Anlage von Straßen“ (RAS-Q 96) heißt es, dass „trotz des allgemein angestrebten hohen Ausbaustandards von Autobahnen bei der Auswahl des Querschnitts geprüft werden soll, ob die konsequente Beibehaltung eines Regelquerschnitts nicht zu unverhältnismäßig starken Eingriffen in das Umfeld der Straße (Bebauung, Land-schaft, Natur usw.) führt. Gegebenenfalls kann in derartigen Fällen eine Nutzung von Sonderquerschnitten oder schmaleren Querschnitten sinnvoll sein“. Laut Dr. Hunger sind „im Rahmen eines bestandsorientierten Ausbaus der Autobahntrasse zwischen Rosenheim und der bayerischen Landesgrenze verschiedene Lösungsansätze denkbar. Ziel sollte hierbei sein, einen Kompromiß zwischen der Leistungsfähigkeit des Autobahnabschnitts und dem Eingriff in den angrenzenden naturräumlichen und baulichen Bestand zu schaffen“.

Über diese Richtlinie hat sich Autobahndirektion (ABDSB) bisher hinweggesetzt. Und das, obwohl ein Maximalausbau neben dem hohen Flächenverbrauch und massiven Eingriff in den Landschafts- und Ortsbebauungsbestand laut Gutachten von Dr. Hunger „deutlich höhere Investitions- und Unterhaltskosten, höhere Kosten für Ausgleichsmaßnahmen sowie deutlich höhere Kosten für einen effektiven und wirksamen Lärmschutz zur Folge hätte, da ein sechsstreifiger Ausbau gleichbedeutend mit höheren Geschwindigkeiten und damit stärkeren Schallimmissionsbelastungen ist“.

Fazit
Der Maximalausbau der A8-Ost muss erneut grundsätzlich zur Disposition gestellt werden, nicht nur aus den genannten Gründen, sondern auch wegen der zunehmend angespannten Haushaltslage des Bundes und der viel zu optimistischen Verkehrszuwachsprognosen, die angesichts steigender Energiepreise nicht mehr haltbar sind. Nur mit einem reduzierten Ausbaukonzept gelingt es, den eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen der Alpenkonvention und der Einstufung des Landkrei-ses Berchtesgadener Land als Biosphärenreservat zu entsprechen. Vordringliche Sofortmaßnahme ist ein streng kontrolliertes Tempolimit auf allen Streckenab-schnitten der A8-Ost.

Nach sorgfältiger Abwägung aller Argumente sind wir mehr denn je der Überzeugung: Man muss endgültig vom Maximalausbau Abschied nehmen und stattdessen die Möglichkeiten eines durchgängigen, kontrollierten Tempolimits und damit effektiven Lärmschutzes nach den WHO-Richtlinien voll ausschöpfen. Nur so lassen sich tatsächliche Verbesserungen erreichen, die sowohl den modernen Ansprüchen an Mobilität nachkommen als auch die Lebensqualität der Autobahnanlieger und der Menschen in der gesamten Region bewahren.

Ein Jahr nach dem Ende des „Planungsdialoges“ zum Ausbau der A8-Ost besteht somit weiter zwingend die Notwendigkeit über einen Ausbau in einer niedrigeren Entwurfsklasse auf 4+2 (28 m) mit einem durchgängigen und kontrollierten Tempolimit und einem effektivem Lärmschutz nach den Richtlinien der WHO zu diskutieren!

Mit freundlichen Grüßen
Marlis Neuhierl-Huber 1. Vorsitzende

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