„Wie viel Autobahn brauchen wir wirklich?"

„Wie viel Autobahn brauchen wir wirklich?“ Das war der Titel der Veranstaltung, zu der die Bürgerinitiative „A8 – Bürger setzen Grenzen“ am 25. Februar zum Gasthaus Neuwirt nach Anger-Aufham eingeladen hatte. Ein Abend mit viel Information rund um das Thema Autobahnplanung und dem neuesten Planungsstand vor Ort. Denn das Projekt des Autobahnausbaus, seit rund acht Jahren in der Planung, bekommt jetzt eine neue Aktualität. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt möchte seinen Bundesverkehrswegeplan auf den öffentlichen Prüfstand stellen.

Bereits im März soll es per Internet für jeden Bürger die Möglichkeit geben, die einzelnen Projekte bewerten zu können. „Dieser Bundesverkehrswegeplan ist eine wahre Wundertüte“, sagte Dr. Bernhard Zimmer aus Piding, Vorsitzender der Bürgerinitiative, vor rund 150 Zuhörern im vollbesetzten Saal. Bayern hat hier mehr als 400 Bauprojekte angemeldet. Wird die A8 wohl auf der Liste ganz oben mit dabei sein? Die Ausbaukritiker hoffen darauf, dass dem nicht so sein wird. „Die Internet-Bewertung bietet eine wichtige Chance, die Kritikpunkte anbringen und den Planungsstand beeinflussen zu können“, betonte Zimmer
4+2 = genug Autobahn. So lautet die Rechnung der Bürgerinitiative. Sie fordert einen Anbau von durchgehenden Standstreifen zur Erhöhung der Sicherheit bei Pannen und Unfällen und eine Gesamtsanierung.

Seitens der bayerischen Regierung dagegen plädiert man seit Jahren für einen großflächigen Ausbau der Autobahn von Rosenheim bis zur Landesgrenze auf je drei Fahr- plus jeweiligem Standstreifen. Noch ist nichts entschieden, im Gegenteil, jetzt sind mit der Internet-Bewertung die Bürger gefragt: Dieser Abend sollte dazu dienen, sich fundiert informieren zu können. Als Fachmann war der Verkehrsexperte Dr. Ditmar Hunger nach Anger gekommen. Im Auftrag des Bund Naturschutz hatte er bereits 2009 ein Verkehrsgutachten erstellt. Er kommt zu einem eindeutigen Ergebnis aufgrund der Verkehrszahlen: Ein dreispuriger Ausbau der Autobahn ist nicht gerechtfertigt und unwirtschaftlich. Allein die vor acht Jahren seitens der Autobahndirektion gesetzten Prognosen haben sich nicht bewahrheitet.

Auch alle gesetzlichen Richtlinien wiesen darauf hin, dass vier Spuren mit Standstreifen ausreichend wären, sagte Hunger. Er ist ein Fachmann für sogenannte integrierte Planung. Anhand vieler Beispiele machte er deutlich, wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtungsweise bei einem Straßenausbau ist. „Die A8 wurde als Erlebnisautobahn gebaut, sie ist landschaftsorientiert. Von daher wiegt hier ein Ausbau besonders schwer“, betonte er. Am Beispiel der umstrittenen Nordumfahrung für Piding zeigte er alternative Konzepte auf, die lediglich einen Bruchteil des Flächenverbrauchs bedürfen würden wie die jetzt vorliegende Trassenplanung. „Das müssen Sie einfordern: Fragen Sie bei der Planung, wie Sie demnächst mit dem Auto von Anger nach Piding kommen. Fragen Sie, wo Sie Fahrrad fahren können“, unterstrich er.

Auch auf das Thema Lärmschutz ging er ausführlich ein. Dabei sah er es vor allem als problematisch an, dass die Wohngebiete entlang der Autobahn jetzt als Mischgebiete ausgewiesen sind. „Das bedeutet, dass dort fünf Dezibel mehr Lärm erlaubt sind. Das ist im Alltag sehr viel“, unterstrich Hunger. Beim Thema Lärmschutz könne man generell anhand der Planfeststellungsverfahren, aktuell am Beispiel Achenmühle, verfolgen, dass nur minimalste, kostengünstigste Lösungen umgesetzt werden sollen. Dieser letzte Bauabschnitt des geplanten A8-Ausbaus von Jechling zur Landesgrenze weist inzwischen zudem eine außergewöhnliche Besonderheit auf. Denn hier hat man für zwei unterschiedliche Trassenführungen mehr oder weniger planfeststellungsreife Varianten für einen 6-streifigen Ausbau erstellt. In Bayern wollte man keine Entscheidung treffen.

Beide Entwürfe müssen deshalb im Bundesministerium geprüft werden. „Die Entscheidung soll also in wenigen Wochen in Berlin fallen, vor Ort möchte man seine Hände in Unschuld waschen können, und das auf Kosten von uns Steuerzahlern“, ärgerte sich Dr. Bernhard Zimmer. Sie ist dann allerdings bereits die verbindliche Grundlage für ein Planfeststellungsverfahren. In einer Stellungnahme zu den Plänen an die Autobahndirektion hat die Gemeinderat Piding beide vorgelegten Planvarianten abgelehnt. Auf eine Antwort wartet man seit über einem Jahr.

Marlis Neuhierl-Huber, die Vorsitzende der Bürgerinitiative aus Siegsdorf, wies auf die Bedeutung der Bundestagswahl 2017 hin. „Sprechen Sie Ihre Abgeordneten an, sich konkret für Ihre Belange vor Ort einzusetzen. Es geht um Ihre Lebensqualität“, unterstrich sie.

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