Offener Brief der BI zur anstehenden Neubewertung der A8 für den Bundesverkehrswegeplan

Der geplante sechsstreifige Ausbau der A8 von Rosenheim bis zur Landesgrenze ist eines der Bauvorhaben, die für den Bundesverkehrswegeplan 2015 überprüft und neu bewertet werden.
Die Überprüfungsphase wird demnächst beendet sein. Anschließend ist dazu noch in diesem Jahr vom Bundesverkehrsministerium eine Öffentlichkeitsbeteiligung angekündigt. Die BI „Ausbau A8 – Bürger setzen Grenzen“ hält es deswegen für angebracht, dass die BürgerInnen und MandatsträgerInnen der betroffenen Landkreise sich mit folgenden Zahlen in nachfolgender Auflistung von Verkehrszählungen an 5 Autobahnabschnitten auseinandersetzen.

 

Verkehrszählung 2010

Prognose 2025

Prognose 2025

6-streifig

4-streifig

DTV/24h

KFZ

SV-Anteil

%

DTV/24h

KFZ

SV-Anteil

%

DTV/24h

KFZ

SV-Anteil

%

DTV/24h

KFZ

1.

62.772

10,4%

72.000

15%

70.300

10,9%

65.000

2.

56.193

11,2%

64.500

16%

62.400

11,5%

58.600

3.

54.897

10,6%

58.600

17,4%

58.600

12,3%

56.300

4.

43.273

16,3%

51.200

18,5%

51.200

13,1%

49.700

5.

45.485

15,2%

50.100

16,7%

50.100

14,2%

48.600


1)    Rosenheim-Rohrdorf
2)    Frasdorf-Bernau
3)    Übersee-Grabenstätt
4)    Traunstein-Neukirchen
5)    Bad Reichenhall-B 21

DTV= durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge
SV-Anteil= Schwerverkehrsanteil

Quelle: Verkehrsuntersuchung A8 München-Salzburg im Abschnitt
         Rosenheim-Bundesgrenze Analyse 2007/2009/2013  Prognose 2030, Mai 2013
              Auftraggeber: Autobahndirektion Südbayern

Aus obiger Aufstellung geht eindeutig hervor, dass ein sechsstreifiger Ausbau der A8—Ost mit den aktuellen Prognosen für 2030 in keinster Weise gerechtfertigt werden kann. Die Verkehrsbelastung soll zwar noch zunehmen, aber sie bleibt unter den erforderlichen Zahlen (6+2 ab ca. 68.000 Kfz/24h).
Einzig der Abschnitt Rosenheim-Rohrdorf überschreitet im Falle eines sechsstreifigen Ausbaus durch selbst erzeugten Verkehr die Schwelle.

Ansonsten läge lt. Prognose die durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge bei lediglich 65.000 Kfz/24h. Dies bedeutet, dass erst ein sechsstreifiger Ausbau soviel Verkehr anziehen wird, dass 6+2 gerechtfertigt wäre. Dies aber auch nur im Bereich Rosenheim-Rohrdorf.
In allen Bereichen bis zur Landesgrenze liegen unseres Erachtens die Prognosezahlen so, dass sie vierstreifig also 4 +2 rechtfertigen.

Es soll auch darauf hingewiesen werden, dass die Belastungen durch den LKW-Verkehr von der Prognose für 2025 zur Prognose 2030 nach unten korrigiert werden mussten.

Wie das Bundesverkehrsministerium im Januar 2015 bekannt gab, soll der sechstreifige Ausbau der A8-Ost obendrein als sogenanntes ÖPP-Projekt umgesetzt werden.
Der Bundesrechnungshof stellte 2014 in einem Gutachten dazu allerdings fest, dass gerade beim Autobahnbau die Kosten mit ÖPP für den Steuerzahler sich meist ver-doppeln.

Eine überdimensionierte Autobahn  als ÖPP-Projekt ist eine Angelegenheit, für die nicht nur PolitikerInnen im fernen Berlin, sondern auch BürgerInnen und MandatsträgerInnen vor Ort Verantwortung übernehmen müssen.

Darüber hinaus müssen u. a. folgende Fragen gestellt und sachlich begründet be-antwortet werden:

-Der Flächenverbrauch für einen 6+2 Ausbau ist enorm. Welche Auswirkungen wird dies in den betroffenen Gemeinden haben? Wird es noch genug Flächen für Gewer-begebiete und Wohnraum geben? Oder müssen womöglich einheimische Betriebe  in andere Gemeinden abwandern, wenn die Flächen knapp werden?

-Wird der Flächenverbrauch die Existenz von bäuerlichen Betrieben gefährden?

-Wird sich der sechsstreifige Ausbau negativ auf die Miet- und Immobilienpreise auswirken?

-Die Maßnahmen gegen Hochwasser  orientieren meist an den unteren Werten. Sind gefährdete Gebiete ausreichend gesichert?

-Nach einem 6+2 Ausbau wird es keine Geschwindigkeitsbegrenzung geben. Die Dimensionierung der Lärmschutzanlagen erfolgt  jedoch für  130 km/h für PKW und 80 km/h für LKW. Die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten werden aber nach einem 6+2 Ausbau wesentlich höher sein, somit steigt die Lärmbelastung.
  Auch die große Breite einer sechsstreifigen Fahrbahn spielt eine große Rolle  bei der
Lärmausbreitung in kaum zu schützende Hang- und Höhenlagen.
Ist man sich dessen bewusst, dass nach Fertigstellung des Ausbaus kein Anspruch auf Nachbesserungen beim Lärmschutz besteht?
(Anmerkung: Offensichtlich gibt es in Berlin wohl schon Überlegungen für eine
Gesetzesänderung: Lärmschutz soll nicht nur bei Neu- und Ausbau, sondern auch bei Sanierung  bezahlt werden.
Allein wegen des Lärmschutzes einen überdimensionierten 6+2 Ausbau zu akzeptieren macht jetzt noch weniger Sinn.)

Es besteht dringend die Notwendigkeit, dass in der Öffentlichkeit über diese Zahlen und diese Fragen  diskutiert wird.   

Das Ausbaugebiet liegt zudem im Geltungsbereich der Alpenkonvention und durchquert die Biosphärenregion Berchtesgadener Land. Dies sind festgesetzte Rahmenbedingungen, die wenn sie ernstgenommen werden würden, einen echten Ausgleich zwischen ökologischen wirtschaftlichen Interessen nach sich ziehen müssten. Ein 6+2 Ausbau erfüllt dies allerdings nicht!
Konsequenterweise sollten auch die Planungen für einen Naturpark „Chiemsee-
Chiemgau“ zu Diskussionen über die tatsächlich benötigte Ausbaubreite führen.

Fazit: Die Forderung der BI „Ausbau A8-Bürger setzen Grenzen“ nach einem flächen- und landschaftsschonenden 4+2 Ausbau (max. 28 m breit) mit ef-fektivem Lärmschutz und einer dauerhaften Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h von Rosenheim bis zur Landesgrenze  anstelle des überdimensionierten 6+2 Ausbaus ist mehr als berechtigt,
 
denn
- wie hier ausführlich dargestellt, sind die Zahlen, die einen 6+2 Ausbau der A8 von Rosenheim bis zum Bernauer Berg, und erst recht vom Bernauer Berg bis zur Landesgrenze, rechtfertigen sollen, nicht tragfähig.

-die  A8-Ost ist eine vom Ferien- und Wochenendverkehr geprägte Auto-
bahn und für den Gütertransport von geringer Bedeutung.

-eine fertiggestellte A94 ist die schnellste Verbindung vom Großraum
München über das österreichische Straßennetz nach Südosteuropa und
nicht die A8-Ost.

Im Namen des Vorstandes der Bürgerinitiative „Ausbau A8-Bürger setzen
Grenzen“ bedanke ich mich für Ihr Interesse und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Marlis Neuhierl-Huber,
Vorsitzende


Verteiler:
An Bürgermeister und Gemeinderäte  
der Landkreise Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land
Tourismusverbände RO, TS, BGL,
DIHK, BIHK, BBV, ABL, BDM, BN RO-TS- BGL, LBV, VCD, Pro Bahn Oberbayern,
u.v.m.

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